Ein innerer Frühjahrsputz
Seit Jahrtausenden fasten wir Menschen. Und das nicht immer freiwillig. Nie war das Nahrungsangebot so konstant wie in den letzten 40 Jahren. Davor richtete man sich nach saisonalen Angeboten und begnügte sich, manchmal mehr schlecht als recht, mit dem, was verfügbar war.
Besonders in Not-Zeiten wird deutlich, wieviel uns als selbstverständlich erscheint.
In der Pandemie war es das Toiletten-Papier, auf das niemand verzichten wollte, bei Ausbruch des Angriffskrieges auf die Ukraine wurde das Sonnenblumenöl knapp. Aber niemand in Deutschland musste wirklich unter diesem Verzicht leiden.
Anders geht es den Menschen, die direkt betroffen sind. Menschen in Gaza oder der Ukraine, die kein Dach mehr über dem Kopf, keinen Schutz vor Hitze und Kälte haben, kein fließendes Wasser. Wo Medikamente und Lebensmittel nicht geliefert werden können.
Hier geht es nicht nur um einen Verzicht von Nahrung und Hygiene. Genauso fundamental ist der Verzicht auf ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. Menschen, die einen solch erzwungenen Verzicht erleiden, bedürfen nicht eines zusätzlichen Verzichtes durch Fasten.
Fasten hat zwei fundamentale Zwecke. Es soll den Körper reinigen, und den Geist. In diversen Religionen kennt man das Fasten in unterschiedlichen Ausprägungen. Von vielen Propheten wird berichtet, dass sie „in die Wüste gingen und fasteten“, um Entscheidungen zu treffen, Abstand zwischen sich und die laute Welt zu bringen, um mit klarem Geist wieder zurück zu kehren oder sich auf schwierige Aufgaben vorzubereiten.
Im Islam gibt es den Fastenmonat Ramadan, der dieses Jahr übrigens vom 10.03. – 09.04. dauert. Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang nehmen Musliminnen und Muslime keine Speisen oder Getränke zu sich. Das tägliche Hunger- und Durstgefühl, der Verzicht soll erinnern, an die Notleidenden zu denken, und eine Verbindung zum Propheten Mohammed herzustellen. Nach Sonnenuntergang speist man ausgiebig zusammen, und am Ende des Fastenmonats gibt es ein großes Zuckerfest. So stiftet das Fasten auch eine Verbindung der Menschen untereinander.
Im christlichen Glauben fasten wir zu verschiedenen Zeiten. Am bekanntesten ist wohl die Fastenzeit vor Ostern. 7 Wochen lang wird auf Genuss- und Konsumgüter verzichtet. Ursprünglich verzichtete man auf Fleisch und Eier. Darum heißt die Faschingszeit auch Karneval: man verabschiedete sich für eine lange Zeit vom Verzehr von Fleisch (lat. carne vale: Adé Fleisch). Fun-Fact: wer weiß noch, dass auch die Adventszeit bis zum 1. Weihnachtsfeiertag als Fastenzeit gilt? Da könnte man mal wieder drüber nachdenken, ob man den Geist der Weihnacht nicht etwas besser mit weniger Marzipan und Stanniolpapier einlassen kann.
Neben den gesundheitsbasierten Fastenangeboten vom Heilfasten und Basenfasten, die den Organismus reinigen sollen, gibt es auch Fastenangebote von der evangelischen Kirche. Unter dem Titel „7 Wochen Ohne…“ setzt sich die Kirche jedes Jahr zwischen Aschermittwoch und Ostersonntag ein Motto, das mit Anregungen zu spiritueller Auseinandersetzung aufruft. Hier gilt es, neben das „weniger“ ein anderes „mehr“ zu setzen, auf Zeit alte Gewohnheiten zu verabschieden und neue auszuprobieren. So ist das evangelische Fasten wie eine Reise für die Seele, ein „innerer Frühjahrsputz“
In diesem Jahr lautet das Motto
„7 Wochen Ohne – Alleingänge“
und ruft zu mehr gemeinschaftlichem Miteinander auf.
Unter anderem wird angeregt, nicht alleine zu fasten, sondern sich in örtlichen Gruppen zusammen zu schließen. Melde dich gerne, wenn du eine Fastengruppe hast und einen Raum für Begegnung in der Fastenzeit suchst!
Wir stellen euch im Februar unsere Lieblings-Fastenzeit-Materialien und Gedanken auf den Social-Media-Kanälen der FaBi vor.
Und vorab schon mal drei kurze Fragen:
- Bei welcher Gelegenheit genießt du einen „Alleingang“ und möchtest ihn definitiv nicht teilen?
- Mit wem würdest du gerne eine nächste, wichtige Entscheidung gemeinsam beraten oder sogar treffen?
- Wer in deinem Umfeld sorgt garantiert für gute Gemeinschaft?
In diesem Sinne: tut nichts, was wir nicht auch tun würden – aber tut es gemeinsam!
Euer FaBi-Team